Frankreich ist „das zentrale Problem in Europa“

Veröffentlicht: Dezember 3, 2012 in Finanzen
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Nachdem Moody’s dem Euro-Rettungsschirm einen Dämpfer verpasst hat, melden sich führende Ökonomen zu Wort. Für IW-Chef Michael Hüther ist Frankreich das Problem. Andere gehen noch weiter.

Führende Ökonomen haben Verständnis dafür geäußert, dass die Ratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit der Euro-Rettungsschirme ESM und EFSF herabgestuft hat. „Alle verlangen immer frühzeitige Warnungen von den Ratingagenturen. Deshalb sollte man sich jetzt nicht beschweren“, sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der „Welt am Sonntag“. Als „absolut nachvollziehbar“ bezeichnete der Hannoveraner Finanzwissenschaftler Stefan Homburg den Schritt.

Moody’s hatte den Rettungsschirmen am späten Freitagabend die Spitzenbewertung Aaa entzogen und ordnet der Bonität der Institutionen nunmehr die zweitbeste Note Aa1 zu. Begründet wurde dies mit der bereits erfolgten Herabstufung Frankreichs. Der Ausblick für beide bleibe negativ.

Frankreich braucht „ein neues Geschäftsmodell“

Frankreich ist nach Deutschland der größte Finanzier der Rettungsschirme. Das wirtschaftlich angeschlagene Land sei „das zentrale Problem in Europa“, sagte Hüther, es brauche „ein neues Geschäftsmodell“. Moodys hatte die Abwertung Frankreich mit dem anhaltenden Verlust der Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs und der Unbeweglichkeit des dortigen Arbeitsmarktes begründet.

Weg wird „nicht erfolgreich“ sein

Die Herabstufung bestätigt nach Auffassung von Kai Konrad, dem Direktor des Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen in München, aber auch „die Einschätzung, dass die Staaten in Europa finanziell am Anschlag sind – und dass der Weg, der zur Euro-Rettung begangen wird, nicht erfolgreich sein wird“. Am Freitag erst hatte der Bundestag neuen Milliardenhilfen für Griechenland zugestimmt.

ESM mit Kapitalbasis von 700 Milliarden Euro

Die Kreditstärke des ESM beruhe unter anderem auf der Sicherheit, dass dessen Mitglieder auch ihre Kapitalverpflichtungen erfüllen könnten, hieß es von Moody“s weiter. Im unwahrscheinlichen Fall, dass Frankreich dieser Verpflichtung nicht nachkommen könne, sei es möglich, dass andere Unterstützer mit der Top-Bonität Aaa ebenfalls Schwierigkeiten damit haben könnten. Der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM ist der Nachfolger des zeitlich begrenzten Rettungsschirms EFSF. Er soll strauchelnden Ländern der Währungszone mit Notkrediten beistehen und kann dafür bis zu 500 Milliarden Euro ausgeben. Die Kapitalbasis des ESM beträgt aktuell 700 Milliarden Euro.

Die Herabstufung der Rettungsschirme kommt nach einer entscheidenden Woche im Kampf der Europäer gegen die Schuldenkrise. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seine Kollegen aus der Euro-Gruppe hatten sich in der Nacht zu Dienstag auf die Freigabe der seit Sommer aufgelaufenen Milliardenhilfen verständigt, die wegen der zögerlichen Programmumsetzung in Griechenland blockiert waren. Am Freitag stimmte auch der Bundestag den Maßnahmen zu. Deutschland hält weiter das Top-Rating Aaa. Ein schlechteres Rating kann die Aufnahme von Geld am Kapitalmarkt erschweren und die Zinsen dafür steigen lassen.

Originalartikel Die Welt

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