Mit ‘Michael Häupl’ getaggte Beiträge

Das Bundesheer muss reformiert werden. Das kann nur jemand, der nicht auf den dummen Boulevard hört.

Es ist ja verständlich, dass Norbert Darabos vor der Volksbefragung beteuert hat, er werde auch bei einer Niederlage im Amt bleiben. Er wollte mit der Aussicht auf seinen Rücktritt nicht noch mehr Wähler gegen sich aufbringen. Aber jetzt ist es genug. Der Mann, der dieses Amt seit sechs Jahren nur widerwillig bekleidet, dann die Wehrpflicht „in Stein gemeißelt hat“, um sich kurz darauf dem Wiener Bürgermeister und dem Boulevard zu ergeben, kann jetzt nicht die dringend notwendige Reform des Bundesheeres übernehmen. Er kann es einfach nicht.

Der zweite große Verlierer dieses Tages ist Michael Häupl. Er ist ja schon gescheitert, als er seine Landtagswahl im Jahr 2010 mit einem Sprung auf den Krone-Zug absichern wollte. Die absolute Mehrheit verlor er ja trotzdem. Und jetzt beweist eine denkbar knappe Mehrheit für das Berufsheer in Wien, dass seine SPÖ nur über eine eingeschränkte Mobilisierungsfähigkeit verfügt. Andere SPÖ-Politiker wie Gaby Burgstaller waren da näher am Volk. Vielleicht kann die Salzburgerin nicht rechnen, aber beim Radfahren trifft man offenbar mehr Menschen als im Beisel.

Das wäre dem alten Herrn nicht passiert Mächtig verloren haben aber auch die Boulevardzeitungen, allen voran die Krone. Nach dem Tod von Hans Dichand wollten die Nachfolger beweisen, dass sie auch Kampagnen fahren können, dass am Boulevard weiter ein Gessler-Hut aufgepflanzt steht, der unterwürfig zu grüßen ist. Was folgte, war der Versuch einer Volksverblödung, bei dem sogar ein Universitätslehrer mitmachte. Er sah schon die Frauen zwangsweise im Waffenrock. Nein, Frauen werden nicht einrücken müssen. Und auch der andere Unsinn, der verbreitet wurde, stimmt nicht. Eine so missglückte Kampagne wäre dem alten Herrn Dichand nicht passiert. Vor diesem Boulevard, der von Darabos auch heftig finanziert wurde, muss sich niemand mehr fürchten, das ist die gestrige Botschaft an alle Politiker. Das gilt gerade auch für die Gratiszeitungen, die politisch offensichtlich völlig irrelevant sind.

Die Wehrpflicht wird es weiter geben,weil sich der Zivildienst in den letzten Jahren so bewährt hat. Viele haben mehr für das soziale Engagement als für den Waffendienst gestimmt. Doch der muss jetzt schnell reformiert werden. Da muss die Politik auch diejenigen Offiziere, die vor der Befragung von Reformen gesprochen haben, beim Wort nehmen.

Die ÖVP ist zwar auf der Siegerseite, aber sie soll sich dabei nicht überschätzen. Landeshauptmann Erwin Pröll hatte zweifellos den richtigen Riecher, als er in einem KURIER-Interview die Volksbefragung verlangte. Aber damit ist noch keine Wahl der kommenden Monate gewonnen.

Sicher ist, dass wir mehr Volksentscheide bekommen werden. Die mangelnde Entschlossenheit der Politik macht dies notwendig, und die Österreicher haben gezeigt, dass sie antworten, wenn sie befragt werden. Die Österreicher übernehmen Verantwortung.

Originalartikel Kurier

Spitzenpolitik gilt als einsames, herzloses Geschäft. Doch die Wiener SPÖ ist eine verschworene Truppe mit hohem Kuschelfaktor. Zwischen den führenden Genossen bestehen zahlreiche private Bande.

Das Privatfernsehen macht alles noch mühsamer: Dreimal musste Michael Häupl in diesem Wahlkampf an sogenannten Elefantenrunden teilnehmen, erst beim ORF, dann bei ATV, zuletzt bei Puls 4. Dreimal saß er mit seinen politischen Widersachern vor aufdringlichen Journalisten. Dreimal musste er sich Fragen gefallen lassen, die er im Normalbetrieb als Wiener Bürgermeister mit einem grantigen Knurren quittieren würde.

Häupl war bei all diesen Veranstaltungen erkennbar schlecht gelaunt. Gelegentlich konnte man als Zuseher durchaus den Eindruck gewinnen, er würde ein Gesprächsthema gern mit einem flotten „Habt’s mich gern“ beenden. Wer so lange absolut regiert, verliert wohl irgendwann die Geduld für ausufernde Diskussionen.

Im Rathaus besteht dafür keine Notwendigkeit. Die Wiener SPÖ hat nicht nur keine ernst zu nehmenden politischen Gegner, sie ist auch als Partei ein besonders verschworener Haufen. Die meisten Proponenten kennen einander seit Jahrzehnten; unberechenbare Quereinsteiger, mit denen man sich herumärgern müsste, gibt es praktisch nicht. Unter den führenden Genossen bestehen zahlreiche private Bande, von der Liebesbeziehung bis zur engen Verwandtschaft. Der Traum von der Partei als Familie wurde nirgends so gründlich realisiert wie im Rathaus der Bundeshauptstadt.

Geschlossene Gesellschaft

Ein Blick auf die (privaten) Biografien der Stadträte zeigt, wie kuschelig es in der Politik zugehen kann: Bürgermeister Michael Häupl war in jungen Jahre der Lebensgefährte von Vizebürgermeisterin Renate Brauner. Man trennte sich zwar, blieb aber eng befreundet. Auf wenige Menschen kann sich Häupl so blind verlassen wie auf seine Stellvertreterin.

Die Stadträte Christian Oxonitsch und Ulli Sima waren bis vor zwei Jahren verheiratet. Ulli Sima ist jetzt mit Josef Thon zusammen, dem Leiter der MA 48 – für die sie politisch verantwortlich zeichnet.

Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely wiederum kann im Rathaus auf echte Blutsbande zählen. Ihre Schwester Tanja wurde vor etwa eineinhalb Jahren zur stellvertretenden Klubchefin der SPÖ gekürt. Auch Wehselys Kontakte in Richtung Bundespolitik könnten kaum besser sein: Ihr Lebensgefährte heißt Andreas Schieder, heute Finanzstaatssekretär und früher Gemeinderat in Wien. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny erfreut sich ebenfalls noch eines Außenpostens im Gemeinderat – dort hat seine Frau Sonja Kato ein Mandat.

Als Eva-Maria Hatzl, Ehefrau des ehemaligen Landtagspräsidenten Johann Hatzl, vor einem Jahr in den Gemeinderat berufen wurde, entfleuchte selbst der braven Wiener ÖVP leise Kritik. Das Mandat sei wohl so etwas wie eine „Familien-Erbpacht“, murmelte VP-Geschäftsführer Norbert Walter.

Dabei ging es in der Stadtregierung früher sogar noch eine Spur inniger zu. Der heutige Bundeskanzler Werner Faymann war lange Wohnbaustadtrat, seine Frau Martina Ludwig sitzt im Gemeinderat. Auch Grete Laska, im Vorjahr pensionierte Stadträtin, musste sich in der Kommunalpolitik nicht einsam fühlen. Ihr Ehemann Helmut ist Geschäftsführer der A.W.H.-Beteiligungsgesellschaft sowie des Verbands Wiener Arbeiterheime – beide in Besitz der Stadt Wien.

Wie der Vater, so der Sohn

Liebe am Arbeitsplatz ist natürlich keine Spezialität der Wiener SPÖ. Wo Menschen mit annähernd gleichen Interessen sehr viel Zeit miteinander verbringen, lässt sich heftiges Knistern oft nicht vermeiden. Doch das Beziehungsgeflecht unter den führenden Wiener Genossen ist schon besorgniserregend dicht geworden. Wo Karriere und Privatleben so perfekt harmonieren, leidet die Optik. Es entstand der Eindruck einer geschlossenen Gesellschaft, die gute Jobs nur noch intern vergibt.

Feststellen lässt sich außerdem ein für Sozialdemokraten untypischer Hang zur Dynastiebildung. Familie Schieder etwa betreibt die Staatskunst gleichsam in direkter Erbfolge. Peter Schieder, heute 69, war Vorsitzender der sozialistischen Jugend, Stadtrat in Wien und insgesamt 25 Jahre lang Abgeordneter zum Nationalrat. Sein Sohn Andreas war Vizepräsident der sozialistischen Jugendinternationale, wurde dann Landtagsabgeordneter in Wien und ist jetzt Staatssekretär. Erfreulich unbürokratisch ging der Führungswechsel in der Bezirksorganisation Penzing vonstatten: Der Sohn löste 2002 einfach den Papa ab.

Gerüchten zufolge könnte Andreas Schieder nach der Landtagswahl Finanzstadtrat in Wien werden. Seine Lebensgefährtin Sonja Wehsely würde im Gegenzug, so wird gemunkelt, das Gesundheitsministerium übernehmen. Auf diese Art bliebe dann wenigstens alles in der Familie.

Enge Vertraute

Im rauen politischen Alltag kann der Wunsch nach vertrauten Gesichtern im eigenen Umfeld offenbar übermächtig werden – und das gilt nicht nur im Wiener Rathaus. Vor Kurzem bestellte die SPÖ im Parlament eine neue Klubdirektorin. Sie heißt Marion Knapp und ist die Lebensgefährtin von Klubchef Josef Cap.

Originalartikel Die Presse